Tagebuch Josef Reiß – das Jahr 1916

Tagebuch eines Heilbronner Landsturm-Mannes im Weltkrieg

Weg des Josef Reiß in 1916

Weg des Josef Reiß – OpenStreetMap

Lesezeit: 15 Min
Erster Eintrag im Tagebuch
Laneuville-Sur-Meuse – Mittwoch, 01. November 1916 – Reinigungs- und Instandsetzungsarbeiten im Lager

Mit Gott im dritten Kriegsjahr 1916

– 1. November, Mittwoch

Allerheiligen, mit den beiden Teppichen zum ersten Mal ordentlich warm wieder geschlafen. Um ½ 11 Uhr Löhnungsappell. Dann meine Ausrüstung gereinigt. Mittagessen: Bohnen & Ham­melfleisch. Von 2 – ½ 5 Uhr Gewehr & Patronenkasten reinigen, woran ich auch sehr gut betei­ligt war. Alles sah aus wie in Dreck gezogen & 17 Patronenkästen fehlten ganz. Mit der Post nichts erhalten & von einem Feiertag sah man gar nichts, auch feuerte die Artillerie ohne Unter­brechung den ganzen Tag. Nach dem Abendbrot ein wenig Karten gespielt, um 9 Uhr in die Fal­le gekrochen.

– 3. November, Freitag – Romagne-sous-Montfaucon

Hatten um 3 Uhr kein Licht mehr & ich legte mich auch schlafen bis ½ 7 Uhr, dann geweckt, Post abgeliefert & Kaffee fassen lassen. Meine Sachen in Ordnung gebracht, denn es hieß, wir sollen heute Nacht wieder von hier ganz weg kommen. Mittagessen: Nudelsuppe & Rindfleisch. Mein Tagebuch eingeschrieben & dann ein wenig Karten gespielt. Mußten von 5 Uhr ab marschbereit sein. Abmarsch um ½ 7 Uhr. Ankunft in Romagne (Anm. Romagne-sous-Montfaucon) um ½ 9 Uhr. Das erste Gewehr hatte die Wache zu stellen, ich war halt auch wieder dabei. Hatte Posten von ½ 9 bis 11 Uhr, dann konnte ich mich in den Pferdebaracken in den Roßmist legen, zum Glück fanden ich & Schenk eine Tafel Blech, damit wir den größten Dreck zudecken konnten. Mit der Post eine Karte vom lb. Bruder & einen Brief von der lb. Schwägerin bekom­men. An ein Schlafen war nicht zu denken, denn es war zu kalt.

Stabsgebäude in Romagne

– 4. November, Samstag

Von 4 – 6 Uhr meinen 2. Posten gestanden, von ½ 6 Uhr wieder Regen. Nach dem Kaffee frie­rend umeinander gesessen. Mittagessen: Nudelsuppe & Rindfleisch. Um 12 Uhr durch Mann­schaft des zweiten Gewehr abgelöst. Die Komp. ist mit der 1. Landst. Komp. in einer Scheu­ne untergebracht, wo 3 Klappen übereinander sind & alles voll Dreck, noch schlechter wie un­ser Stall heute Nacht & Läuse sollen auch schon gefunden sein, dazu kamen wir nun auch rein. Besah mir dann den hiesigen Kriegerfriedhof, was interessant war, alles schon gerichtet. Es liegen hier 120, 122, 124 & 125er, meistens Landwehrleute. Auch ein Salacher namens Gassenmaier fand ich dort begra­ben, gef. am Jan. 1916. Hatte nach dem Abendessen noch Gelegenheit zur hl. Beicht zu ge­hen. Mit der Post nichts erhalten, um 8 Uhr auf das Drahtgeflecht gekrochen & konnte auch bald einschlafen vor Müdigkeit.

– 6. November, Montag Sivry-sur-Meuse

Nach recht lindem Schlaf um ½ 5 Uhr aus dem Draht gekrochen, das Sturmgepäck gerichtet, denn die Tornister sollen mit den Autos geführt werden. Abmarsch um ½ 8 Uhr über Tounel (Thonnelle), Brielles (Brieulles), Vilosnes nach Sivry. Hier im Ort Unterkunft bezogen über ei­nem Pferdestall, die ganze Komp. einschließlich Vizefw. Konnten aber zum Glück einheizen. Mittagessen: Grießsuppe & ein wenig Büchsenfleisch darinnen. Nahmen dann ein Brausebad in der Militär=Badeanstalt, was recht nötig war. Dann in der Cantine nach einem Bier geschaut, war aber gut besetzt. Nach dem Abendbrot Tagebuch geschrieben & ein wenig Karten gespielt. Mit der Post nicht erhalten. Hatten hier auch Fallen aus Brettern ohne Strohsack. Sivry ist noch gut erhalten, aber es liegt ein Feld-Laz. & sehr viel Soldaten dort, aber alles ordentlich im Stan­d. In den Cantinen war nichts Eßbares aufzutreiben. Um 9 Uhr in den Kasten gekrochen.

Zeltlager bei Sivry-sur-Meuse

– 7. November, Dienstag – Lager bei Ville-devant-Chaumont

Nach schlechtem Schlafe um 6 Uhr aus der Kiste gestiegen, meine Rippen taten mir ordentlich wehe, denn die Bretter waren doch hart. Um 8 Uhr Abmarsch nach Reville (Anm. wahrsch. Révil­le-aux-Bois). Dann Villers & in Wille-Chaumont (Anm. Ville-devant-Chaumont) bei Höhe 349 (Anm. womöglich Lager Nockeschlucht oder Lager im Ville-Wald auch Peter-August-Tal genannt) wurden wir in Baracken untergebracht. Ach war das ein Dreck auf den Strassen, so daß man die Stiefel stecken ließ. Um die Baracken sah es auch nicht besser aus, nur noch mehr Granatlö­cher dazu, denn hier soll die alte Deutsche-Stellung vor der Offensive von Werdun (Anm. Verdun) gewesen sein. Es kam alles zusammen unter ein Dach: Hauptmann, Leutnants, Feldw. Unteroffz. & Gemeine, was ist das ein Leben & wie etwas da so schwer. Um ½ 3 Uhr Mit­tagessen: Nudelsuppe & ein wenig Büchsenfleisch darinnen gekocht. Mußten dann Brennholz sammeln & regnete recht gut dazu. Dann am Ofen wieder getrocknet. Nach dem Abendessen noch ein wenig Karten gespielt. Mit der Post nichts erhalten. Es regnet ohne Unterbrechung. Um 9 Uhr auf den Draht gekrochen.

Ville-devant-Chaumont

– 8. November, Mittwoch

Nach unruhigem Schlummer um ½ 5 Uhr aus der Falle getrieben, denn die Autos mit den Tor­nister waren angekommen & wir mußten durch Nacht & Dreck unseren Tornister holen & regne­te, was nur runter konnte. Bis wir dann alles Gepäck da hatten, war es auch Tag geworden. Nach dem Morgenessen in den verlassenen Baracken nach einem Strohsack gesucht & auch gefunden. Dann mein Tagebuch geführt. Mußten dann unsere Baracken flicken & auch innen richten. Mittagessen: Kartoffelsuppe mit ein wenig Büchsenfleisch darinnen. Dann ein Abort ge­richtet für die M.G.K. Um ½ 4 Uhr kam der Befehl, daß die 1., 2. & M.G.K. das Batl. heute Abend um ½ 5 Uhr vor muß, um die zweite Stellung auszubauen. Wir waren 36 Mann von M.G.K. Hatten dann so 1 ½ Stund zu marschieren bis zum Arbeitsplatz, eine Viertelstunde hin­ter Beaumont & 3 km hinter der ersten Stellung. Die deutsche Artillerie feuerte unausgesetzt über uns hinweg. Es ging recht schlecht zu graben. Latten & Stein untereinander & nichts woll­te vom Geschirr gehen. Um ½ 11 Uhr bekamen wir Granatfeuer in allernächster Nähe, dies galt aber wohl unserer Artillerie. Das Feuer steigerte sich, als wir auf den Rückwege bei Beau­mont schlug eine Granate 5 Meter seitlich von M.G.K. ein, hatten Glück, denn niemand wurde verletzt, kamen alle wohlbehalten um ¾ 1 Uhr zurück. Die Straße sah aus wie mit dem Pfluge auf gerissen & einen Dreck. Mit der Post einen Brief von den lb. Eltern, Päckchen & Karte von der lb. Schwägerin erhalten. War recht müde & ging sogleich zur Ruhe. 

– 15. November, Mittwoch

Nach schlechtem Schlafe um 8 Uhr aufgestanden. Wir Maurer & Gip­ser mußten die Baracken mit Straßendreck verputzen, machten es aber nicht gar strenge. Mit­tagessen: Reissuppe & Rindfleisch. Dann meine Wäsche gewaschen. Von 2-4 Uhr mit Arbeiten weiter gemacht. Nach dem Abendessen mein Tagebuch geführt. Mit der Post ein Päckchen samt Brief vom lb. Bräutchen erhalten, sowie einen Brief von den lb. Eltern, der lb. Schwägerin & eine Karte von Hugo Danner, Talheim. Nach dem Abendessen zur Ruhe gegangen.

Unterstände im Ville-Wald

– 16. November, Donnerstag

Nach ordentlichem Schlafe um 8 Uhr aus den Teppichen gekrochen. Heute alles gefroren, konn­ten deshalb mit den Baracken verputzen nicht weitermachen & machten deshalb Brennholz Mit­tagessen: Conservensuppe aber ohne Fleisch, ach ist das ein Leben. Von 1 – 3 Uhr mit Verputz­arbeit weitergemacht. Dann den lb. Eltern & der lb. Schwägerin geschrieben, sowie die Unfall­rente Quittungen ausgefüllt, dann Tagebuch geführt, mit der Post nichts erhalten. Um 9 Uhr zur Ruhe gegangen.

– 22. November, Mittwoch

Nach unruhigem Schlummer um 5 Uhr aus der Falle gekrochen, war noch recht müde. Um ¾ 6 Uhr Abmarsch zum Stollenbau, bei der Arbeit kein Feuer bekommen, aber auf dem Rückweg setzten die Franzmänner wieder Granaten recht & links der Straße, wo wir passieren mußten & es ist ganz unsicheres Gefühl so im Feuer ausgesetzt zu sein & nichts dagegen tun zu können. Mittagessen: Erbsensuppe & ein wenig Büchsenfleisch. Dann Tagebuch geführt & gelesen. Heu­te wurde von einer Munitionskolonne ein Pferd von einer Granate erschlagen & Artillerister, Pioniere & auch wir holten uns Fleisch davon. Machten das zum Abendessen fertig, was recht gut schmeckte. Nach dem Abendessen noch ein wenig Karten gespielt. Um 9 Uhr zur Ruhe gegan­gen. Mit der Post ein Päckchen samt Brief von der lieben Schwägerin erhalten. Das Wetter war gut.

Ville-devant-Chaumont
Von Granatfeuer zerstörtes Ville-devant-Chaumont

– 8. Dezember, Freitag

Heute Mariä Unbefleckte Empfängnis, um ½ 8 Uhr aus der Klappe gekrochen. Um ½ 9 Uhr Arbeitsdiensteinteilung, dann meine Kleider geputzt. Ging heute wegen Marmelade bis in die Sanitätskantine, denn nirgends ist etwas Essbares zu bekommen & das Geld hat somit bei uns den Wert verloren. Wann kommt wohl das Ende dieses Schwindel, man kann nicht mehr anders sagen. Dann mein Tagebuch geschrieben. Mittagessen: Reissuppe & Rindfleisch. Um ¾ 12Uhr zum Stollenbau abmarschiert, hatte Aufsicht in Stollen II, wo es recht naß zuging, denn man mußte immer Wasser schöpfen, man konnte meinen, es soll ein Schwimmbad geben. Auf dem Heimweg schickt uns der Franzmann ziemlich eiserne Portionen rüber.

-14. Dezember, Donnerstag

Nach ordentlichem Schlafe um 5 Uhr aus dem Gitter gekrochen, ¾ 6 Uhr Abmarsch zum Stollenbau, hatte Aufsicht am Stollen 6, 4 & 3. Der Franzmann schickte uns Granaten, was zum Rohr rausging. Auf dem Heimweg mußten wir uns in einen Stollen flüchten, so wurde die Straße unter Feuer genommen. Als wir glücklich in der Baracke waren, schossen sie auch dahin. Mittagessen: Dörrgemüse & Rindfleisch. Als wir um 3 Uhr zum Arbeitsdienst eingeteilt wurden, platzte eine Granate kaum 10 M von uns entfernt. Blieben dann noch bis 5 Uhr in der Baracke, kaum waren wir im angefangenen Unterstand als eine Granate vor der Barackentür explodierte & das Eck der Baracke von der 1. Comp. eindrückte. Uffz. Rempfer, der von unserer Baracke raus wollte, fiel hintüber wieder zurück & erhielt zwei kleine Granatsplitter, ebenso Sanitätsuffz. Wagner. Auch die 1. Comp. hatte einen schwer Verwundeten, denn die anderen waren schon alle ausgegangen & die Baracke leer. Zum Abendessen gingen wir dann wieder in die Baracke. Als unsere Kameraden vom Stollen kamen, hieß es fertig machen zum Stellung besetzen die wir gemacht haben, denn die Franzmänner greifen an. Um ½ 9 Uhr war Abmarsch, die Fahrer fuhren bis zum Hessen-platz. Wir waren: Fischer, Haller, Schenk, Schumacher & ich beim 1. Gewehr. Kamen an Gewehrstand drei. Auf dem Vormarsch platzten nur so die Granaten vom Sperrfeuer um uns, kamen aber gottlob alle heil im Stollen an. Dann kam das Postenstehen. Erhielt heute ein Päckchen von der lb. Schwägerin & eines von Tante Anna mit beiliegendem Briefchen. Konnte aber leider nicht alles mitnehmen, denn wir mußten alles selbst tragen. Hatte auch sonst ziemlich Brot noch & eine Wurst von den lb. Eltern, war froh damit.

Fay-Wäldchen
Im Fay-Wäldchen bei Beaumont

– 15. Dezember, Freitag

Die ganze Nacht sehr schweres Trommelfeuer, wir fühlten uns in unseren angefangenen Stollen mit 9 Rahmen nicht gar sicher. Die Nacht über kam zum Unglück auch noch ein wenig Schnee, der recht kalt machte. Schuhmacher ging um 6 Uhr zum Kaffee holen an Pionierpark, als er lange genug gewartete, kamen die Kaffeeholer der anderen Gewehre vom Hessenplatz & sagten, dort werde der Kaffee ausgeteilt. Als er aber dorthin kam, waren die Küchenschlingel schon weg & er mußte ins Lager laufen & kam müde & mit kaltem Kaffee zurück. Um 2 Uhr ging ich mit 9 Mann zum Essen holen, sollten uns bei der 1. Komp. melden. Als wir zum Telf. Unterstand kamen, wo der Hauptmann Grünzweig war, hieß es man kann vor Granatfeuer nicht zurück gehen & die 1. Komp. verzichte auf das Essen. Gingen dann wieder zum Hauptmann in Felsenstollen & meldeten uns, dann hieße es, die Franzmänner haben in einer Divisionsbreite durchgebrochen. Wir verteilten dann gegenseitig unser Brot & Wurst, das Feuer dauert gerade so weiter. Wir froren auch alle & konnten doch bei Tag kein Feuer machen, da wir eingesehen werden. Um 8 Uhr mußten Haller & ich zum Gewehrstand I Munition bringen, jeder drei Kasten. Wurden auf dem Rückwege schwer befeuert & fanden vor Dunkelheit kaum den Weg. Nach Rückkehr kam das Nachtessen samt der Mittagsuppe: Hafergrütze & Kuhfleisch. Gestern hat unsere eine Kuh einen Granatsplitter bekommen & dies ist Fleisch davon. Um 11 Uhr kam Uffz. Rempfer mit Nagel & Hild, 2 Mann von uns mußten dableiben, die anderen wurden abgelöst. Schuhmacher & ich blieben dann beim Rempfer freiwillig, denn ich konnte recht schlecht laufen. Fischer, Haller & Schenk kamen in die Baracke. Die ganze Nacht sehr lebhaftes Feuer. Die 1. Comp. hatte einen Toten & einige Verwundete.

– 16. Dezember, Samstag

Konnte kaum einige Augenblicke schlafen, sitzend. Gegen Morgen machten wir ein wenig Feuer, denn man konnte es vor kalten Füßen kaum aushalten & so erstickte man fast vor Rauch, aber ein wenig warm wurde es doch bei uns. Um 6 Uhr kam der Kaffee in Felsenstollen, dort mußten wir holen. Machten uns dann Treppen in unseren Verbindungsgraben. Als wir genug gearbeitet hatten, kam der Hauptmann & nahm unsere Bedienung mit zum Gewehrstand I & wir mußten mit denen wechseln, denn diese haben keinen Stollen, nur einen 2 m tiefen Graben. Jetzt ging das Frieren erst recht an, denn es schneite auch noch dazu. Ein Artilleriefeuer gegenseitig, so daß einem das hören verging. Man konnte nicht feststellen, wer mehr feuerte. Um 7 Uhr sollten wir Essen holen im Felsenstollen, aber alles verzichtete freiwillig aufs Essen vor Feuer. Unteroffz. Fischer mit Schenk, Haller & E. Maier lösten uns um 8 Uhr ab. Ach, waren wir so froh, als wir wieder im Stollen III beisammen waren. Machten dann Feuer & holten das Essen, dann aber auf zwei Stollenbretter schliefen. Unteroffz. Rempfer & ich nebeneinander, wir konnten uns nicht umdrehen, aber schlafen konnte ich..

Beaumont
Stellungskarte Ende 1916 Beaumont

– 22. Dezember, Freitag

Nach gutem Schlafe um 7 Uhr aufgestanden & meine Wäsche gewaschen, denn ich spürte einige Läuse & will gleich vorbeugen. Mittagessen: Reissuppe & Rindfleisch. Fassten auch Waffeln & ½ l Wien von der Division als Anerkennung, sowie ein Weihnachtspaket vom Roten Kreuz, welches von Herrn M. Staebler, Großaspach bei Backnang gefüllt war. Es enthielt Notizbuch, Tabakspfeife, Tabak, Schokolade, Taschspiegel mit Haarkamm, Briefpapier & 4 Lebkuchen. Des Abends erhielt jeder Mann, der früher bei der ersten Komp. Landsturm Inf. Batal. Heilbronn war ein Stilletmesser mit Scheide & Band um am Koppel getragen werden zu können als Weihnachtsgeschenk. Erhielt heute Komp. Dienst & Wache, legte mich aber doch schlafen. Heute meistens Regen & viel Wind. Die Artillerietätigkeit war auf der ganzen Kampffront sehr lebhaft. Mit der Post nichts erhalten.

– 23. Dezember, Samstag

Nach ordentlichem Schlafe um 7 Uhr aufgestanden, meine Sachen gepackt, denn man weiß immer noch nicht, ob wir heute von hier wegkommen. Von 10 – ½ 11 Uhr Unterricht über die Pistole 08. Mittagessen: Nudelsuppe & Rindfleisch. Dann mein Tagebuch geschrieben, sowie eine Karte an Familie Danner in Tübingen. Von 2 – 2.30 Uhr Unterricht über das Masch. Gewehr durch die Zugführer in der Baracke. An Herrn Martin Stäbler in Großaspach eine Karte geschrieben, von dem ich mein Rot-Kreuz-Paket als Weihnachtsgabe erhielt. Inhalt eine kurze Pfeife mit 1 Päckchen Tabak, Taschenspiegel mit Kamm, Notizbuch mit Bleistift & Umschlag, Briefpapier & Couverts & Backwerk. Nach dem Abendessen saßen wir alle in der Baracke & sangen einige Lieder. Mit der Post nichts erhalten. Ging heute mitsamt den Kleider auf den Strohsack, denn unsere Sachen haben wir schon alle zusammen gepackt.

Beton-Unterstand bei Beaumont

– 24. Dezember, Sonntag

Nach ordentlichem Schlafe um 7 Uhr vom Strohsack gekrochen, es war kalt geworden über Nacht. Um 8 Uhr antreten zum Arbeitsdiensteinteilen, anschließend bis 11 Uhr Stollenbau im Lager. Mittagessen: Bohnensuppe & Speck. Von 1 bis 5 Uhr am Stollen gearbeitet & im Wald Holz geholt zum Baracken heizen. Anschließend wurden wir eingeteilt zum Schanzen in der alten deutschen Stellung. Auf diese Nachricht hin am hl. Abend war die Freude ganz & gar auch weg. Ging dann zur Beruhigung in die Klappe & hing meinen Gedanken nach, die in der lb. Heimat waren. Dies ist der traurigste hl. Abend, den ich in meinem Leben erleben mußte.

– 25. Dezember, Montag

Heute am Christtag um 6 Uhr aus der Klappe gekrochen. Mußten um ½ 8 Uhr trotz strömenden Regen Schützengräben ausheben in der alten deutschen Stellung bis ½ 12 Uhr. Mittagessen: Nudelsuppe & Rindfleisch. Schrieb dann einen Brief den lb. Eltern. Von 2 -4 Uhr wieder Schanzarbeit beim Regen & Wind & dies ist unser Weihnachtsfest. Nach dem Abendessen einen Brief an die lb. Schwägerin geschrieben. Mit der Post einen Brief samt Päckchen vom lb. Bräutchen sowie einen Brief von der lb. Schwägerin bekommen & eine Karte von Gregor Kiebler. Ging um ½ 9 Uhr zur Ruhe, denn ich war naß & müde. Den ganzen Tag Artillerietätigkeit gegenseitig. Von einem Gottesdienst keine Rede.

– 31. Dezember, Sonntag

Nach gutem Schlafe um ½ 7 Uhr aufgestanden. Hatten um 8 Uhr antreten & mußten von ½ 9 – 11 Uhr exerzieren. Mittagessen: Haferflockensuppe ohne Fleisch, wir machten uns dann in der Kameradschaft einen Kartoffelsalat, der allen recht gut schmeckte. Über die Mittagspause meine Leibwäsche gewaschen, wo es auch Hausleute gab. Dann von 2 bis 3 Uhr Unterricht über das MG. Anschließend Reisig zum Dekorieren geholt, denn heute soll eine Weihnachtfeier mit Silvesternacht verbunden werden. Um 6 Uhr begann die Geschichte mit einer Ansprache vom Comp. Führer Lt. Dobler, aber es war nichts Ordentliches. Dann bekam jeder sein Weihnachtsgeschenk. Erhielt eine Taschenlampe & Zigaretten 25 St. Dann jeder ein Liter Bier, Salat & Rindfleisch sowie Nudelsuppe. Sangen dann bis 9 Uhr einige Lieder gemeinsam. Mit der Post zwei Päckchen vom lb. Bräutchen, sowie eine Karte von Gregor Kiebler, Brief von Frau Abt & einen von Joh. Abt erhalten. Es regnete die ganze Zeit & war recht stürmisch. Die gegenseitige Artillerietätigkeit war recht lebhaft. Die Stimmung bei der Feier fehlte ganz. Nach 9 Uhr machte Hild noch eine Blitzaufnahme, ging aber zur Ruhe, will keine Erinnerung.