Das Infanterie-Regiment Herwarth von Bittenfeld Nr. 13 vor Verdun

Die Unternehmen des Infanterie-Regiments Herwarth von Bittenfeld Nr. 13  auf Höhe 304 während der Kämpfe 1916 und 1917

Nach den Kämpfen, die das Infanterie-Regiment an der Somme zu bestehen hatte, wurde es zum zweiten Einsatz Richtung Verdun verladen. Nachdem es schon von Juni bis September 1916 den Toten Mann kennenlernen durfte, befand sich der neue Einsatzort nur einen Steinwurf entfernt auf der Höhe 304.
Die Lage hatte sich nicht wesentlich verändert, die Oberste Heeresleitung hatte den Angriff inzwischen als aussichtslos eingestellt. Nun hieß es, die Stellungen halten und verstärken. Die Stellungen der Division, hier die 13. ID, zogen sich vom Westrand Malancourt – Haucourt bis zum Heckengrund.

Im Abschnitt „Hindenburg“ richtete sich ab 4. Oktober 1916 das Regiment in den vom IR 94 übernommenen Kampfgräben ein. Den Abschnitt Höhe übernahm das IR 15, Abschnitt Tiefe wurde vom IR 55 besetzt.  Der Franzose saß in den Gräben auf der Kammlinie, mitten auf der Hochfläche. Durch zahlreich nach vorn getriebene Sappen hatte er den besten Einblick. Es gab, für die sich im Wechsel befindlichen Bataillone, ordentlich zu tun. In der 1. und 2. Linie wurde die Anzahl von tiefen Unterständen erhöht, Stellungsgräben und Laufgräben wurden ausgebessert, teils neu angelegt und gegen Schlamm und Wasser geschützt.

Hinter der Kampflinie mussten die Stützpunkte 1, 2 und „Neuwerk“ ausgebaut werden. Feldbahnen bis zu den Minenwerfern und Stellungsküchen folgten ebenso. Auch für die Ruhe musste gesorgt sein, das Waldlager Münster wurde ausgebaut und im Tal entstand eine Badeanstalt, es existierte ein Kino eine Bücherei und ein Zeitungskiosk.

Nachdem am 24. Oktober 1916 große Teile des Ostufers an den Franzosen ging, wurde das Hintergelände im Abschnitt Hindenburg zur flexiblen Verteidigung hergerichtet. Unterstützend wirkte das Regiment am 6. Dezember bei der Einnahme des Backzahns durch einen Stoßtrupp des IR 15.

Infanterie-Regiment 13
Das Infanterie-Regiment Nr. 13 vor Verdun
Das Stoßtrupp-Unternehmen Leifeld

Um den Franzosen von einer größer angelegten Aktion  der 30. Infanterie-Division auf dem Toten Mann am 28. Dezember 1916 abzulenken, hatte das IR 13 den Auftrag, einen Vorstoß auf die weit vorgetriebenen franz. Sappen Africa, America und Asien durchzuführen. In das Grabenstück zwischen den Sappen „Africa“ und „Belgien“ sollten die  Stoßtrupps eindringen, Sappenköpfe und Unterstände sollten zerstört und Beute und Gefangene gemacht werden. Vier mittlere Minenwerfer der 13. ID plus vorgesehene Artillerieunterstützung schossen in einer Stunde das Grabenstück sturmreif. Die acht leichten Minenwerfer, die Priesterwerfer und die Grabenkanone des Regiments gaben zu Beginn des Sturms Abriegelungsfeuer ab.

Das Zerstörungsfeuer erfolgte von 1 Uhr 20 ab, der Infanteriesturm 2 Uhr 25 und das Zurückgehen aus der feindlichen. Stellung um 2 Uhr 45 nachmittags. Drei Stoßtrupps, zusammen 8 Gruppen des I./ Batls. und eine Gruppe 1./ Pi 7 führten den Sturm aus. Das Artillerie- und Minenfeuer lag sehr gut, bis kurz vor dem Sturm ein mittlerer Minenwerfer einige Kurzschüsse in unserem Graben hatte, wodurch drei Unterstände, in denen der rechte Stoßtrupp bereitgestellt war, verschüttet und einige Leute verwundet wurden. Noch war das Ausgraben der Verschütteten nicht völlig beendet, da rückte der Augenblick des Sturmes heran, wer befreit war, eilte an seinen Platz, und pünktlich erfolgte auch hier das Vorbrechen. Sofort beim Beginn des Sturmes wurde der Führer, Lt. d. R. Biermann, verwundet; der als Stellvertreter bestimmte Vizefeldwebel Haushalter der 1./ Kp. war noch nicht ausgegraben; da übernahm Lt.d. R. Leifeld sofort das Kommando. Da der Stoßtrupp durch Verwundung und Verschüttung großen Ausfall hatte, schloß sich ihm Lt. Goecke mit Freiwilligen an. Die anderen Stoßtrupps führten Lt. d. R. Rosenbaum und Lt. Gebser II. Bei dem nebligen Wetter lag der Pulverdampf dicht auf dem Kampffeld, was den Stürmenden zugute kam. Durch das Artillerie- und Minenfeuer war die frz. Grabenbesatzung niedergehalten und in die Unterstände verscheucht worden, wo ein Teil durch unsere Stoßtrupps überrascht und gefangengenommen wurde; ein Teil geriet durch den schneidigen Angriff in solche Verwirrung, daß er sich ohne Widerstand ergab. An einzelnen Stellen kam es zu hartnäckigen Handgranatenkämpfen.

Es wurden 1 Offizier, 7 Unteroffiziere, 62 Mann als Gefangene eingebracht und ein Mehrladegewehr erbeutet.

Die Pioniere sprengten drei noch nicht eingeebnete Unterstände und Sappenköpfe. Die eigenen Verluste, hauptsächlich durch die Kurzschüsse des Minenwerfers,  betrugen 5 Tote sowie 10 Verwundete, davon 1 Offizier.

Das IR 13 während der Unternehmen Block, Minden und Groos

Nach der Eroberung der Backzahnstellung am Nikolaustag des Jahres 1916 durch das IR15 und des Stoßtrupps Leifeld, kehrte größtenteils Ruhe auf der Höhe 304 ein. Um dem Franzosen die gehaltene Kammlinie, mitsamt ihren günstig gelegenen Beobachtungspunkten zu entreißen, wurden drei zusammenhängende Unternehmen geplant. Die vergebenen Decknamen der Unternehmen lauteten Block, Minden und Groos und wurden mit Hilfe des IR 13 am 25. Januar 1917 durchgeführt. Parallel dazu sollten Ablenkungskämpfe durch die 10. Reserve-Division und die 2. Landwehr-Division auf dem Toten Mann und im Montfaucon-Wald stattfinden.

Minden, auf dem linken Flügel des Regiments mit dem ½  III./IR 13, Teilen des IR 15 und zur Feuerunterstützung die 3./FußAB 35. Ziel war der Sturm auf die Stellung rechts des Backzahns.

Block, zeitgleich auf dem rechten Flügel des Regiments, mit dem II./IR 13 und Teilen des RIR 109. Hier sollte zu beiden Seiten der Grenze in die feindliche Stellung eingebrochen werden.

Groos, in der Mitte der Regimentsabschnitte, durfte nur dann stattfinden, wenn die beiden genannten Unternehmen erfolgreich sein sollten. Erst wenn die Aufmerksamkeit und die Unterstützung der Franzosen nach beiden Seiten abgelenkt waren, sollte das Regiment in seiner Front angreifen.

Die Planungen der aufeinander abgestimmten Unternehmen wurden mit besonderer Sorgfalt und unter strengster Geheimhaltung durchgeführt. Genau aufgestellte Angriffsbefehle regelten alles;  Angriffszeiten, Feuerverteilung der Artillerie und Minenwerfer, Vergasung der frz. Artillerie, Anmarschwege, Einsatz der Maschinengewehre, Ausrüstung und Gliederung  der Stoßtrupps, Reserven und alles für den Angriff nötige. Nächtliche Patrouillengänge ließen die eingeteilten Stoßtruppführer das Angriffsgelände bald kennenlernen. Die Stoßtrupps übten an eigens dafür errichteten Übungswerken. Die Aufklärung des starken Verkehrs der zahlreichen Trägerkolonnen im Hintergelände, durch Flugzeuge und Ballons der Franzosen, wurde durch das neblige und bis zu -10 Grad kalte Wetter erheblich erschwert.

Im Laufe des Tages des 23. Januar 1917 befanden sich die am Sturm beteilligten Kompanien des II./ und III./ Bataillons im Regimentsabschnitt. Zwei Tage später, Punkt 12 Uhr mittags, begannen die Unternehmen mit dem Vergasen der französischen Artilleriestellungen. Um 15 Uhr begann das Zerstörungsfeuer der Artillerie und der eingesetzten Minenwerfer, Pioniere schafften Gassen durch den Drahtverhau. Infolge schneidender Kälte von -17 Grad, tritt bei der Artillerie teilweise eine Schussweitenverkürzung von  mehr als 1000 m ein.

Unternehmen Minden:
Nachdem 50 min später das Feuer vorverlegt wurde, drangen die Stoßtrupps in die feindlichen Sappen und in die 1. Linie ein. Dies gelang unter wenig feindlicher Gegenwehr. Sie stürmten durch die Verbindungsgräben in die 2. Linie, rollten diese nach rechts und links auf und sperrten die Laufgräben zur 3. Linie. Kleinere Widerstände wurden in kurzen Handgranatenkämpfen gebrochen, ein Groß der Franzosen in der 2. Linie war durch die schweren Sprengminen in ihren Unterständen verschüttet worden. Sofort wurde mit dem Ausbau der genommenen 1. Linie begonnen. Das dazu benötigte Material schafften die 2. Welle und die Unterstüzungen nach vorn.

Unternehmen Block:
Auch auf dem rechten Flügel gelang der Sturm der Stoßtrupps, teilweise sogar mit Einbruch in die 3. Linie. 5 Offiziere, davon ein Bataillonskommandeur, wurden an Gefangenen gemacht.

Unternehmen Groos:
Durch den Erfolg von Minden und Block beflügelt, leitete die Führung nun auch Groos ein.

Um 16:20 wurde durch Minenwerfer und Artillerie nach Süden abgeriegelt und es wurde angetreten. Auch hier gelang man bis zur 2. Linie, welche zu beiden Seiten aufgerollt wurde. Als den Kompanien die inneren Stoßtrupps von Minden und Block entgegenkamen,  wurde sofort die Verbindung hergestellt. Zügig wurden alle Gräben zur französischen 3. Linie abgeriegelt, ebenso wurde die erreichte 1. Linie direkt umgebaut.

Nachdem in allen Angriffsabschnitten nun die 1. Linie von den Sturmwellen bezogen wurde und  der Ausbau begonnen hatte, brachte man dort ebenso Granatwerfer und an den beherrschenden Punkten Maschinengewehre in Stellung. Vor der Stellung wurde ein dünnes Drahthindernis angelegt und Sappenköpfe in Richtung der ehemaligen 2. französischen Linie getrieben. Die Stoßtrupps machten die Gräben vor der neuen ausgebauten Stellung durch Drahtwalzen unbrauchbar und wichen dann um 22 Uhr in diese aus.

Schon morgens um 7 Uhr fand ein Gegenangriff auf den Abschnitt des III./IR 13 statt, der allerdings auf ganzer Linie abgewiesen wurde. Nur an der Engländersappe konnte der Franzose einbrechen, wurde aber durch die 11./ und 12./ Kompanie wieder herausgeworfen. Es wurden Gefangene gemacht und ein Schnellfeuergewehr dabei eingebracht.

Nach Beendigung des Kampfes hatte das Infanterie-Regiment 13 die neue Stellung komplett bezogen und hatte Anschluss an die beiden Nachbarregimenter IR 15 und RIR 109. Insgesamt waren 114 Mann aller Dienstgrade an Toten und Verwundeten zu beklagen. Im Gegenzug mussten 300 Franzosen, darunter 5 Offiziere, den Weg in Gefangenschaft antreten. 5 Maschinengewehre wurden erbeutet.

Der Tagesbefehl vom 26. Januar 1917:

Die 13. Division hat gestern zu ihrer stolzen Vergangenheit neuen Ruhm hinzugefügt. Nach kurzem, aber wirkungsvollem Schießen der Minenwerfer und der Artillerie stürmten IR 13 und IR 15, verstärkt durch Pioniere 7 die feindlichen Gräben zwischen dem Backzahn und der Grenze zur 28. RD in einer Breite von 1300m.

Stoßtrupps drangen bis zur 3.feindlichen Linie vor. 450 Gefangene, darunter 12 Offiziere und 6 MG wurden bisher eingebracht. Die blutigen Verluste des Feindes sind schwer, die eigenen dank des schneidigen Antretens der Infanterie äußerst gering. Das Meldewesen und die Nachrichtenmittel arbeiteten vorzüglich. Mit dem gestrigen Siege ist die heißumstrittene Höhe 304 endgültig in deutscher Hand!

Westfalen haben sie genommen und werden sie halten. Ich danke Euch Kameraden.

gez. v.d. Borne

In der Backzahn-Stellung des Infanterie-Regiment 15 auf Höhe 304
Infanterie-Regiment 15
Infanterie-Regiment 15 auf der Höhe 304 vom 03. Oktober 1916 bis 10. Mai 1917
Denkmal des Infanterie-Regiment 15 in Münster