Der unterirdische Minenkrieg

Zunächst wollen wir drei Minenkriegs-Begriffe unterscheiden, die gerne im Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg durcheinander gebracht werden.

  • Seit der Antike bis zum 1. Weltkrieg wurde unter dem Begriff Minenkrieg der unterirdische Krieg gegen Festungen verstanden. Ein Belagerer grub oder “minierte” Stollen unter die Festungsmauern des Gegners und brachte diese anschließend zum Einsturz. Während des ersten Weltkriegs gruben an verschiedenen Orten hauptsächlich im Westen alle Kriegsparteien lange Tunnel bis unter die gegnerischen Schützengräben,  um diese anschliessend mit ihrer Besatzung in die Luft zu sprengen.
  • Mit der Erfindung des Schwarzpulvers kamen bald auch die ersten in die Erde eingebrachte Sprengkörper zum Einsatz. Während des 1. Weltkriegs kamen Schrapnell- und Kartäschen-Minen zum Einsatz, ferner wurden Tret- und Stolper-Minen in hölzernen Kästen eingesetzt. Auch Tank-Minen wurden von den Deutschen gegen die “Tanks” (Vorläufer der Panzer) eingesetzt. Der Begriff Landminen setzte sich allerdings erst nach dem 2. Weltkrieg durch.
  • Der dritte Begriff bezeichnet die Geschosse der Minenwerfer. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts benötigten die Pioniere ein Geschütz für kurze Distanzen, um die nächstliegenden Hindernisse und Befestigungen zu zerstören. Da eine “Mine” als eigentliche Bedeutung eine Sprengladung kennzeichnet und diese Sprengladungen von einem Werfersystem zum Gegner hinübergeworfen werden sollten, entstand so der Begriff Wurfmine und Minenwerfer. Heute kennt man derartige Steilfeuergeschütze unter dem Namen “Mörser”.

Der folgende Artikel konzentriert sich auf den unterirdischen Minenkrieg.

Minenkrieg
Skizze des Minenkrieges

Mit Beginn des Stellungskriegs begann im Herbst/Winter 1914 auch bald der unterirdische Minenkrieg. Bei diesem gab es unterschiedliche Erscheinungsformen, die oftmals an ein und demselben Ort abwechselten. Die ersten Minenstollen und Schächte wurden von bayerischen Pionieren beim sogenannten Granathof in La Boisselle an der Somme bereits im November 1914 angelegt.

Der Minenangriff kannte zwei Formen. Der unterirdische Angriff sollte einem oberirdischen Angriff vorausgehen. Zunächst wurde ein Stollen von Pionieren oder Mineuren unter die gegnerische Stellung vorgetrieben. Anschließend legte man eine Sprengkammer an, füllte diese mit Sprengmitteln und verdämmt sie. Unmittelbar nach der Sprengung sollte die Infanterie die zerstörte feindliche Stellung stürmen und besetzen.

Bei der zweiten Form des Minenangriffs war es das Ziel, wichtige Elemente der gegnerischen Stellung wie Stützpunkte, Flankierungsanlagen, Eingänge zu Minenstollen, etc. durch eine Sprengung zu zerstören. Aber auch Bodenwellen, die die eigene Beobachtung minderten, wurden durch Minensprengungen beseitigt.

Bei der Minenverteidigung wurden Minen vorbereitet, die bei einem feindlichen Angriff ausgelöst werden sollten. Gleichzeitig wurden Horchstollen und Quetschminen zur Abwehr gegnerischer Mineure angelegt. Oft entstand hier ein unterirdischer Wettlauf, um entweder in den feindlichen Stollen einzudringen oder um ihn rechtzeitig durch eine Quetschsprengung zu zerstören.

Aufklärung durch Flieger oder Ballonbeobachter war ebenfalls unerlässlich. So konnten Mineneingänge und verräterische Halden schnell entdeckt werden. Aufklärung unter der Erde wurde durch einen Horchdienst erledigt, der auf alle Geräusche achtete und protokollierte.

Die Tiefe der Stollen wurde oft durch die Wasserverhältnisse beeinflusst; sie erreichten meist zwischen 15 und 25 m. Es sind jedoch auch Stollen bekannt, die bis 50 m in die Tiefe führten. Diese Stollen wurden jedoch nicht senkrecht ausgeführt. Dieses war zu umständlich und aufwendig. Stattdessen gruben Pioniere oder Soldaten mit bergmännischer Ausbildung, schräge Schleppschächte in die zu erreichenden Tiefen. Zum Teil verzweigten die Stollen, wenn sich das Minensystem weit ausdehnte. Meist wurden auch Querschläge angelegt. Diese Querschläge hatte mehrere wichtige Bedeutungen. Hatte ein Minensystem nur einen Eingang und es gelang dem Gegner in den eigenen Graben einzudringen und diesen zu besetzen, so war auch die Mannschaft im Stollen verloren. Ein Minensystem mit mehreren Eingängen hatte überdies den Vorteil der natürlichen Bewetterung. Bewetterung nennt man Maßnahmen die der Versorgung mit frischer Luft dienen. Gruben die Mineure einen Stollen, so musste die Stollenspitze ständig belüftet werden.

Hier ein vertiefender Artikel: Der Rettungstrupp der Infanterie

Den Minenkrieg gab es an vielen Orten der Westfront, in den Alpen, aber auch an der Ostfront und sogar in der Türkei. Die bekanntesten Orte an der Westfront:
Der Minenkrieg in Flandern:

In den Jahren 1915/1916 gab es mehrere einzelne Orte mit Minenkriegsaktivitäten, so:

Nieuwport (Flandern, Belgien)

Railway Wood, Storchschnabel-Wäldchen (Ypern, Flandern, Belgien)

Schloss Hooge (Ypern, Flandern, Belgien)

The Bluff, Große/Kleine Bastion (Zillebeke, Flandern, Belgien)

Höhe 60

St. Eloi

Messines-Rücken (Flandern, Belgien)

Am 07. Juni 1917 sollten 26 vobereitete britische Minen die Schlacht um Messines einläuten. Nur 20 von ihnen wurden zur Zündung gebracht.

Höhe 60
St. Eloi
Hollandscheschur Farm,  Hollendsche Schuur, Hessenwald
Petit Bois, Mark-Wald
Maedelstede Ferme
Peckham, Granatenhof
Spanbroekmolen
Kruisstraat, Franseck-Hof
Ontario Farm
La Petite Douve Farm, La-Plus-Douve-Hof
Trench 127, Damier-Hof, Wald von Ploegsteert
Trench 122, Wassergut, Wald von Ploegsteert
Birdcage, Wald von Ploegsteert

Belgien

Der Minenkrieg bei Vimy und an der Somme

Vimy (Pas-de-Calais, Frankreich)

Weißdornhöhe (Beaumont-Hamel, Somme, Frankreich)

Granathof (La Boisselle, Somme, Frankreich)

Schwabenhöhe/Lochnagar (La Boisselle, Somme, Frankreich)

Höhe 110  (Fricourt, Somme, Frankreich)

Dompierre (Somme, Frankreich)

Fay (Somme, Frankreich)

Frankreich

Der Minenkrieg in der Picardie und Champagne

Bois St. Mard (Tracy-le-Val, Picardie, Frankreich)

Höhe 108 (Berry-au-Bac, Champagne, Frankreich)

Perthes

Butte de Tahure

Main de Massiges – Ehrenberg – Höhe 191

Der Minenkrieg in Lothringen

Bolante

La Fille Morte

Höhe 285

Butte de Vauquois

Bois de Chevalier (Vaux les Palameix)

Bois de la Sonnard (Flirey)

Sachsenwald (Leintrey)

Der Minenkrieg in den Vogesen

Col de la Chapelotte

Ammerzwiller (Haut-Rhin/Sundgau, Frankreich)

Deutsche Stellung auf dem Col de la Chapelotte

8 Antworten auf „Der unterirdische Minenkrieg“

Hallo.
Auch ich habe großes Interesse am Minenkrieg. Welche deutschsprachigen Bücher gibt es zu dem Thema? Welche Museen gibt es darüber in Frankreich?
Welche Mineurkompanien gab es und wo wurden diese aufgestellt. Da ich aus dem Saarland komme und es hier viele Bergwerke gab,interessiert mich das ganz besonders! MfG

Hallo,
vielen Dank für ihre Anfrage. Mit den Pionier-Einheiten im Weltkrieg ist das so eine Sache. Es sind nur wenige Aufzeichnungen erhalten, die Rückschlüsse auf den Stamm-Verband der Mineur-Kompanien schließen lassen. Unter diesem Stammverband wären Dokumente und Archiv-Materialien zuzuordnen. Die meisten Aufzeichnungen beziehen sich lediglich auf die Pionier-Bataillone und selbstständigen Pionier-Kompanien. Mineur-Kompanien tauchen genauso wie Minenwerfer-Abteilungen oder -Kompanien nur sehr selten auf.
Ebenso war die Zeit der Existenz dieser Einheiten nur sehr beschränkt. So wurde beispielsweise die Mineur-Kompanie 412 vom Ersatz-Bataillon des Pionier-Bataillons 14 in den Ost-Argonnen im April 1917 aufgestellt. Im Oktober 1918 wurde sie wieder aufgelöst. Des weiteren führen auch Pionier-Kompanien den Minenkrieg oder es wurden Infanterie-Mineur-Kompanien innerhalb der Infanterie-Regimenter für Hilfsdienste aufgestellt. Eine feste Regel gab es da nicht.

Das einzige auf den Minenkrieg fokussierte Museum ist das auf Vauquois. In den anderen großen Museen wie Verdun, Peronne, Meaux und Ypern taucht der Minenkrieg nur als Randthema auf.

Deutschsprachige Literatur ist rar gesät. Der Minenkrieg wird mehr kapitelweise in diverser Sekundär-Literatur erwähnt.

Ich bin auf der Suche nach einem noch detaillierteren Artikel zum Minenkrieg auf Vauquois. Gerne können Sie mit mir Kontakt aufnehmen. Vornehmlich suche ich nach dem Schlachtverlauf und Artikeln zum genaueren Einsatz der Minen.
Mit freundlichen Grüßen
Frederica Gronau

Einen guten Überblick liefert die Regimentsgeschichte des Pionier-Regiments Nr. 30. Ein weiteres gutes Buch ist: Der Minenkrieg auf Vauquois, von Adolf Buchner.

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei der Recherche für meine Seminararbeit bin ich auf diesen sehr interessanten Artikel gestoßen. Allerdings fiel mir auf, dass es nur sehr wenig Information über die Mineure im Ersten Weltkrieg zu finden gibt. Da Sie mit Sicherheit bessere Quellen haben als ich, der sich mit dem Thema erst seit kurzer Zeit beschäftigt, würde ich Sie gerne darum beten mir weiterzuhelfen. Ich habe großes Interesse an diesem Thema, darum hoffe ich dass Sie dazu bereit sind mir zu helfen.
Ich freu mich auf ihre hoffentlich baldige Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Maximilian Föhl

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